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Dienstag, 23. Februar 2010

NH-90: "Wann immer möglich sind alternative Luftfahrzeuge zur Verbringung von Infanteriekräften zu nutzen."

Da EADS mit dem A400M-Debakel in letzter Zeit immer mal wieder massiv negative Presse hat, sind andere wichtige Beschaffungsdesaster der Bundeswehr weitgehend aus dem Fokus gerückt. Die BILD-Zeitung erinnert uns nun mal wieder daran, dass auch jenseits vom A400M gerne teurer Mist verzapft wird.
Es geht um den neuen Hubi der Truppe, den NH-90. Der ist deswegen so wichtig, weil moderne Streitkräfte nun mal ohne diese tollen Maschinen kaum operieren können, und die alten Teppichklopfer vom Typ UH-1D aus der grauen Vorzeit stammen und altersbedingt bald vom Himmel fallen.
Nun hatte der NH-90 schon öfter mal Probleme. Die CSAR-Version, welche die Luftwaffe für die Rettung abgeschossener Piloten beschaffen wollte, wurde still und heimlich beerdigt, und auch die Marineversion, der MH-90 ist inzwischen (weitgehend?) versenkt. Zusätzlich ist das Programm, wie es sich für ein ordentliches Rüstungsprogramm gehört, über Zeit- und Kostenplan weit hinaus. Ende (und damit Einsatzbereitschaft in Gegenden, wo die Bundeswehr dringend Hubschrauber braucht - sagen wir mal - in Afghanistan...) kaum in Sicht.
Nun zitiert die BILD aus einem vertraulichen Bericht der Bundeswehr, der, gelinde gesagt, kaum Hoffnung macht. Ich werde das jetzt hier nicht alles aufzählen, aber zusammengefasst ist der NH-90 in seiner primären Verwendung als taktischer Transporthubschrauber offenbar völlig ungeeignet. Ich kann mich dunkel erinnern, dass ich ähnliche Einschätzungen (unter anderem mit denselben Gründen, die auch im BILD-Bericht stehen...) bereits vor einigen Jahren mal von Leuten gehört habe, die wirklich wissen wovon sie reden.
Viele der Kritikpunkte (Heckklappe, geringe Bodenfreiheit, fehlende Fähigkeit, palettierte Lasten intern zu befördern usw. ...) sind also bereits einige Jahre alt. Darüber hinaus bringt die Verwendung einer totalen Fly-by-Wire Flugsteuerung in einem militärischen Luftfahrzeug (zumindest in der Form, wie es offenbar derzeit im NH-90 gemacht wird) in bestimmten Extremsituationen Probleme mit sich, die in dem BILD-Bericht nicht auftauchen, erfahrenen Piloten (die mit dem Ding ja potentiell in Konfliktregionen fliegen sollen) aber durchaus schlechten Schlaf bescheren.
Für EADS kommt diese Veröffentlichung auf jeden Fall zur Unzeit. Ist schon ein merkwürdiger Zufall, dass dieser vertrauliche Bericht just zu der Zeit öffentlich wird, wo EADS über finanzielle Zugeständnisse beim A400M verhandelt. Da schwächt so eine Meldung natürlich die Verhandlungsposition der Industrie ganz erheblich. Und hatte nicht zu Guttenberg auch immer einen guten Draht zur BILD? Ein Schelm, wer böses dabei denkt...
Für die Bundeswehr ist der NH-90 in jedem Fall jetzt schon ein Desaster, denn eigentlich bräuchte sie den Hubi dringend - und am Besten gestern. Da viele der aufgeführten Mängel zudem in der Grundkonstruktion der Maschine liegen, können einige Mängel unter Umständen nie ganz behoben werden.

Keine guten Aussichten für die Heeresfliegerei.



Bild: Wikipedia, Wikimedia commons, User 'Igge'.

Mittwoch, 3. Februar 2010

Mehr für Weniger

Hierzulande stöhnt man angesichts des Desasters beim Programm A400M von Airbus gerne mal laut. Zu Recht.  Mitte Dezember hob der Airbus A400M erstmals vom Boden ab und bewies, dass er zumindest eine grundlegende Forderung der Bestellernationen – das Fliegen -  grundsätzlich beherrscht. Beim Rest wird es wohl Abstriche geben müssen (sprich: möglicherweise weniger Tragkraft und/oder abgespeckte Systeme). Außerdem wird der Wundervogel wohl wieder einmal teurer werden. Erheblich teurer. Seit Jahren hat das Projekt wegen der verschiedenen Probleme, Verzögerungen und Verteuerungen schlechte Presse.
Die neuesten Forderungen aus dem Hause Airbus lassen den Flieger nun wieder auf der Kippe stehen, auch wenn die Regierungen schließlich vermutlich einknicken werden. Zuviel steht auf dem Spiel. Arbeitsplätze. Prestige. Karrieren. Letztlich brauchen die verschiedenen Luftwaffen allerdings auch wirklich in absehbarer Zeit einen neuen Flieger.
Angesichts solcher Probleme schielt man gerne mal über den großen Teich und fragt sich, warum man sich in Europa bei der Produktion von coolen Hightechfliegern eigentlich so schwer tun muss.  
Wie sich zeigt, sollten wir allerdings für Inspiration auf diesem Gebiet nicht unbedingt nach Westen schauen. US-Verteidigungsminister Gates hat gerade den Chef des Entwicklungsprogramms für die F-35 gefeuert. Dieser Superflieger soll bei den US-Streitkräften in naher Zukunft alles ersetzen, was so unter den Begriff Kampfflugzeug fällt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Entwickler die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“ entwickeln. Luft- und Bodenziele soll der Flieger angreifen können, auf Flugzeugträgern - in einigen Varianten sogar senkrecht - starten und landen können, und all dies auch noch für den Radar unsichtbar. Das hat bislang eher schlecht funktioniert. Das Programm ist hemmungslos hinter den Zeitplan zurückgefallen, wird – Überraschung – deutlich teurer und wird voraussichtlich die Erwartungen (sprich Forderungen) der Bestellernationen nicht ganz erfüllen können. Gates hat nun den Chef des Projekts gefeuert und dem entwickelnden Unternehmen die Boni gestrichen. So rund 650 Mio. $. Im Gegensatz zu Airbus murren die zwar, halten sich aber ansonsten bedeckt. Wohl auch weil sie wissen, dass der Flieger ohnehin letztlich gekauft werden wird.
In beiden Projekten haben die Unternehmen in der Wettbewerbsphase – sagen wir mal – optimistische Versprechungen bezüglich Leistung und Preis gemacht, die später nicht zu halten waren. Die Regierungsstellen haben dies vor Vertragsunterzeichnung entweder nicht entsprechend geprüft (sprich: sie waren unfähig) oder es gab den politischen Willen, den Auftrag genau diesem Hersteller zuzusprechen (sprich: gute Lobbyarbeit – positiv formuliert). Dazu kommt die Tendenz der Regierungen, alle möglichen und unmöglichen Fähigkeiten in den Forderungskatalog zu schreiben. Bei der F-35 wurde dies oben bereits kurz ausgeführt, beim A400M manifestiert sich dies in dem Versuch zwei unterschiedliche Klassen Flugzeug – den taktischen UND den strategischen Transporter – in ein und dieselbe Maschine zu pressen. Dies macht die Entwicklung zu einem Vabanquespiel und führt mit der oben angeführten Tendenz der Unternehmen, unrealistische Versprechungen zu machen, geradezu zu garantierten Preissprüngen und Leistungsdifferenzen.
Hinzu kommt die zunehmende Konzentration auf dem Rüstungssektor, wo wenige Monopolisten Entwicklung und Produktion beherrschen. Systemrelevant nennt man dies in anderen Zusammenhängen. Und genau wie im Finanzsektor verleiht es den betroffenen Unternehmen die Sicherheit, dass sie selbst dort, wo man kleineren Unternehmen wegen mangelnder Vertragserfüllung bereits gekündigt hätte, trotzdem ihr Geld vom Staat bekommen. Oft deutlich mehr als eigentlich vereinbart. Und oft für weniger, als eigentlich beschlossen.  
In Zeiten klammer Kassen sollten sich die verschiedenen Regierungen überlegen, ob sie sich diese Art der Beschaffung von Rüstungsgütern weiterhin leisten wollen oder können. Bislang hat unser Verteidigungsminister Härte gegenüber Airbus demonstriert. Mal sehen wie lange noch.
Die Russen haben übrigens vor wenigen Tagen ihr Kampfflugzeug der 5. Generation überraschend zum ersten Mal fliegen lassen. Sieht schick aus. Schaut man auf die Programmdauer und die Kostenentwicklung, sollte man aber auch hier nicht unbedingt abkupfern.