ACHTUNG!

Dieser Blog ruht derzeit auf Grund meines Engagements für den ADLAS.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Tempus fugit

Wie unschwer zu erkennen ist, liegt dieser Blog seit einiger Zeit brach. Das liegt daran, dass ich seit geraumer Zeit meine sicherheitspolitische Freizeit weitgehend als Redakteur beim ADLAS aufbrauche. Es handelt sich dabei um ein quartalsweise erscheinendes, frei downloadbares außen- und sicherheitspolitisches Online-Magazin aus dem Umfeld des BSH. Da ich fest davon überzeugt bin, dass meine Energie derzeit beim ADLAS besser investiert ist, ruht die Arbeit hier bis auf weiteres. Es würde mich freuen, wenn der ein oder andere mal beim ADLAS vorbeischaut und verbleibe bis auf weiteres,

mit besten Grüßen,

Stefan Dölling.

Donnerstag, 28. April 2011

SAATEG reloaded...

General Atomics MQ-9 "Reaper",
Quelle: DoD via Wikipedia
Gerade flattert was rein, was durchaus interessant werden könnte. Offenbar hat General Atomics (das sind die, welche die Predator-Drohnen in verschiedenen Ausführungen herstellen...) sich mit der Schweizer Firma RUAG zusammengetan, um die MQ-9 "Reaper", also die größere und potenziell bewaffnete Variante der ursprünglichen MQ-1 "Predator" in Deutschland zu vermarkten. 

Ja, richtig - an die Bundeswehr. 

"Talarion"-Mockup auf der ILA 2010,
Quelle: Eigenes Bild
Das kommt dann doch überraschend und dürfte die Herren in der Chefetage von Cassidian (so heißt EADS-Defense seit einiger Zeit...) doch etwas irritieren - schließlich bemüht man sich dort seit geraumer Zeit, der Luftwaffe die eigene Edeldrohne "Talarion" schmackhaft zu machen. Bei den Herren in Blau ziert man sich da allerdings - andere Drohnen erfüllen die Anforderungen schließlich auch, sind bereits verfügbar und deutlich günstiger... 

IAI "Heron-1" der Bundeswehr auf der ILA 2010,
Quelle: Eigenes Bild
Schon in der ursprünglichen Ausschreibung zu SAATEG (System für die Abbildende Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebiets - Puh...lag die General Atomics-Drohne (damals noch in Kooperation mit Diehl) dem Vernehmen nach nach den Wünschen der Luftwaffe vorne, wurde dann aber zu Gunsten der israelischen "Heron 1" zurückgestellt. (Davon kaufte die BW drei - eine wurde gleich beim ersten Einsatz gegen eine Transall gefahren, eine weitere stürzte letztes Jahr ab - Totalschaden...) Wer sich die - vorsichtig formuliert - offenbar nicht ganz saubere Entscheidungsfindung dazu noch einmal antun möchte, dem sei das Archiv von Geopowers empfohlen. Michael Forster hatte das Drohnendebakel vor seinem plötzlichen Tod auf seinem Blog ja recht ausführlich behandelt. (Einfach im Archiv nach den SAATEG-Einträgen suchen...)


Schaun mer mal. Bei Ausschreibungen im Rüstungssektor gewinnt ja nicht immer der Beste, sondern oft der mit den besseren Argumenten (oder Verbindungen...). Ob sich die "Reaper" angesichts ihrer einschlägigen Publicity - vor allem aber nicht nur im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan - allerdings durch die politischen Entscheidungsgremien bringen lässt, scheint doch zumindest offen...

Es bewegt sich was, drüben über dem Teich...


General David H. Petraeus,
 Quelle: DoD via Wikipedia
Nachdem in den letzten Tagen ja mehrfach bereits vermutet worden war, dass Präsident Obama den CIA-Chef Leon Panetta als Nachfolger für den Amtsmüden (nach eigener Aussage...) Robert Gates ins Rennen schicken würde, ist nun auch die Nachfolge beim CIA geklärt - David Petraeus solls werden. Ein Spitzenmilitär und COIN-Experte auf dem Chefsessel der zivilen "Secret Squirrels"? Die Wahl erscheint nur auf den ersten Blick merkwürdig. Zum einen wurde die CIA schon mehrfach von hohen Militärs geführt, zum anderen wurde die Agency insbesondere nach dem 11. September deutlich militarisiert und in Teilen zu einer Schattenarmee umgebaut. Die Drohnenangriffe in Pakistan geschehen beispielsweise ausschließlich unter ihrer Ägide. 
Diese hatten in der jüngsten Vergangenheit zu starken Verstimmungen mit Pakistan geführt - ein Grund mehr für die Ernennung von Petraeus, der mit den Pakistanis offenbar "gut kann". Das kann nur hilfreich sein, den wichtigen Alliierten in der Region bei Laune zu halten. Und auch für Petraeus könnte sich der Gang zum Geheimdienst als günstiger Karriereschritt erweisen. Nachdem er für die Trendwende im Irak viel Lob geerntet hatte, lässt sich die Wiederholung dieses Erfolges in Afghanistan zunehmend schwer an - letztliches Scheitern durchaus möglich. Der jetzige Wechsel sorgt für eine gewisse Distanz zu dem politischen Fallout der garantiert ist, wenn die angekündigte Übergabe der Verantwortung und der damit verbundene Abzug ab 2011   auf Grund der Situation verschoben werden muss.
Director Leon Panetta,
Quelle: CIA via Wikipedia
Auch die Wahl Panettas macht durchaus Sinn. Eher Karrierepolitiker als sicherheitspolitischer Fachmann, ist Panetta in einer Phase des Umbaus und der unausweichlichen drastischen Kürzungen beim Militär genau der richtige Mann um das Pentagon durch unruhiges Fahrwasser zu schiffen. Insbesondere seine guten Verbindungen zum Kongress dürften sich bei den bevorstehenden Herausforderungen - bei denen sich auch das US-Militär den fiskalischen Realitäten stellen muss - positiv auswirken. Gates hatte ja bereits viele große Programme gekürzt oder gestrichen (was Notwendig war), ist aber nunmehr weitgehend verbrannt. Panetta wird diesen Kurs fortsetzen und darüber hinaus einen strategisches Umdenkprozess in Sicherheitsfragen forcieren müssen - die USA kann schon aus finanziellen Gründen nicht damit fortfahren, die derzeitige, stark durch kinetisches Vorgehen und militärische Abschreckung geprägte Strategie weiter zu verfolgen. Dass ein solcher Prozess bereits im Gange ist, zeigt sich in einem vom Woodrow Wilson Center veröffentlichen Paper, welches bereits seit einigen Tagen im Netz kursiert und welches ein radikales Umdenken in der strategischen Ausrichtung der US-Sicherheitspolitik einfordert. Geschrieben wurde es von zwei aktiven Offizieren aus dem Umfeld des "Chairman of the Joint Chiefs of Staff" - dem US Generalstab - und diskutiert von namhaften Experten. Das Paper gibts HIER. (ACHTUNG: Link führt direkt zum Dokument!)

Man darf gespannt sein.

Mittwoch, 13. April 2011

The Utility of Force

Im Jahr 2006 gab es am "Department of War Studies" des rennomierten "Kings College" in London ein Buch, welches allen Studenten zur Pflichtlektüre aufgetragen wurde: "The Utility of Force" von Rupert Smith - bekannt als der Mann, der als Kommandeur der UN-Truppen in Bosnien den dort vorherrschenden tödlichen Stillstand durchbrach und die Serben an den Verhandlungstisch bomben ließ.
In diesem sehr engagiert geschriebenen Buch greift Smith weit aus und schildert zunächst die Entwicklung der modernen Kriegführung (Kenner der Materie können diesen Teil gerne überspringen und sich dem letzten und interessantesten Drittel des Buches zuwenden...), um dann aus der Sicht des Praktikers seine Erfahrungen damit zu schildern. Es ist für den Leser dabei eminent hilfreich, dass Smith sich dabei nicht - wie die große Mehrzahl ähnlicher Autoren - lediglich damit aufhält, eigene Handlungen und Entscheidungen ex post zu rechtfertigen. Er nutzt seine reiche Erfahrung vielmehr als Schablone, um grundlegende Dilemmata zu benennen und mögliche  Lösungswege aufzuzeigen. 
Die grundlegende (und ziemlich alte) Aussage des Buches, die immer wieder auftaucht und mit vielfältigen Beispielen illustriert wird, ist die Folgende: 
Der Einsatz militärischer Mittel muss immer auf das angestrebte politische Endziel abgestimmt sein. 
Wird Militär "einfach so", sozusagen "ins Blaue hinein" eingesetzt, beispielsweise weil man gar kein klares Endziel formulieren kann, sich aber dennoch genötigt fühlt, "irgendwas" zu tun, geht die Sache meistens schief und schadet im Zweifel mehr als sie nutzt - sein Beispiel hierfür ist vor allem Bosnien. Hier brachte die internationale Gemeinschaft ihre politischen Zielvorstellungen und die zur Durchsetzung dieser eingesetzten militärischen Mittel erst spät - fast zu spät - in Übereinstimmung.
Schaut man sich die derzeitige Politik der Briten und ihrer französischen Freunde zu Libyen an, so muss man sich fragen, ob man in Whitehall die Lektürehinweise der eigenen Experten ignoriert und die Bücher der eigenen Generäle nicht gelesen hat. Politisches Ziel und militärischer Mitteleinsatz klaffen hier in so eklatanter Weise auseinander, dass man jetzt schon prophezeien kann, dass dieser Einsatz entweder eklatant scheitern wird oder der Mitteleinsatz (sprich: Bodentruppen) radikal angepasst werden muss. 

Deutschland hat gut daran getan (wenn auch möglicherweise aus den falschen Gründen...) sich hier herauszuhalten.

Dienstag, 29. März 2011

ADLAS

Ich werde nach einer längeren - durch das unvermeidliche und kürzlich eingetretene Studienende hervorgerufenen - Auszeit jetzt wieder verstärkt für Content auf diesen schmählich vernachlässigten Seiten sorgen.
Den Anfang macht ein längst überfälliger Lesetipp für alle sicherheitspolitisch Interessierten: ADLAS! Vier Mal im Jahr wird dieses Magazin in Zukunft über sicherheitspolitische Themenfelder informieren. Und das auch noch "für Umme"! Wer den ADLAS also bislang noch nicht auf dem Schirm hatte, dem sei hier der sofortige Download empfohlen. Es lohnt sich.

Dienstag, 14. September 2010

Die andere Seite

Habe gerade einen Tip zu einem Link bekommen, den ich selbstverständlich keinem vorenthalten möchte. Worum gehts?
Folgt man der öffentlichen Debatte über Afghanistan ist (zumindest manchmal) erfreulicherweise zu beobachten, dass sich langsam die Erkenntnis durchsetzt, es dort nicht mit "den" Taliban zu tun zu haben, sondern mit einer Vielzahl von verschiedenen Gruppen und Akteuren mit sehr unterschiedlichen Motivationen. Darüber hinausgehende Analysen sind allerdings  Mangelware. Hier hat Prof. Lieven vom erhwürdigen Department of War Studies des King´s College in London mal einen Abriss über aktuelle Arbeiten zum Thema "human geography" in Afghanistan geliefert.

Unbedingt reinlesen! Lohnt sich!

(Danke Christian!)

Dienstag, 6. Juli 2010

Wir nennen es Krieg. Aber was für einen?
Teil 2 – Islamischer Bürgerkrieg
von C.K.

Im zweiten Teil meiner Reihe zu Wahrnehmungsmöglichkeiten des sogenannten „War on Terror“, möchte ich die vor allem im Westen oft unterrepräsentierte Deutung eines Civil War within Islam vorstellen. Auch hier, wie bereits im ersten Teil der Serie, lehne ich mich in der Argumentation weitestgehend an David Kilcullens Accidential Guerilla an. Ich stelle vier einander nicht zwangsläufig ausschließende Interpretationen vor, die mögliche Antworten auf die Frage nach Natur und Ursache des Konfliktes geben, in dem sich der Westen befindet.
Nach dem Paradigma des islamischen Bürgerkrieges, ist die Ursache des Konfliktes nicht im Verhältnis „Westen – Islam“ zu suchen, sondern liegt vielmehr in der muslimischen Welt selbst begründet. Was wir unter „War on Terror“ als Angriff auf den Westen konzeptionalisieren, ist im eigentlichen Sinn ein Kampf um die Macht in den islamischen Staaten.
Die Gründe sind vielfältig. Youth Bulge, korrupte und repressive Regime, ökonomisch dysfunktionale Geschlechterrollen und die Unfähigkeit der zunehmend besser ausgebildeten Jugend aussichtsreiche Positionen in der Gesellschaft zu schaffen, werden vom Gefühl der Demütigung durch „den Westen“ verstärkt. Die ganze Misere ist im jährlich erscheinenden Arab Human Developement Report nachzulesen. Der Westen ist also durchaus ein natürliches Ziel, aber die Angriffe werden vor allem genutzt um Legitimität und Unterstützung in der Ummah zu generieren. Das eigentliche Ziel ist der Sturz der gegenwärtigen Regime von Indonesien bis Ägypten. Ayman al-Zawahiris Verlautbarungen nach 9/11 oder auch der General Guide to the struggle of Jema’ah Islamiyah legen diesen Schluss nahe. Zwar handelt es sich bei der Machtübernahme in den islamisch geprägten Staaten nur  um den ersten Schritt in einer Strategie zur weltweiten Verbreitung des Islam, aber man kann zu Recht argumentieren, dass dies die aktuelle Phase der Auseinandersetzung ist und für die Deutung somit relevanter als mögliche folgende Phasen. In dieser Sicht hat das weltweite Vorgehen gegen AQ vor allem zu einer Aufwertung dieser Organisation und ihrer Ideologie geführt.
Eine zweite Variante des Civil War Modells ist der schiitische Wiederaufstieg in Folge der Revolution von 1979 im Iran und der weitere Machtzuwachs der iranischen Theokratie durch den Sturz Saddam Husseins seit 2003. Der resultierende „schiitische Halbmond“ von Iran bis Libanon ist eine Erschütterung der traditionellen Machtbalance in der muslimischen Welt. In diesem Modell wären die blutigen Jahre ab 2003 im Irak durchaus als Widerstand gegen eine ausländische Besatzungsmacht zu sehen, vor allem aber als interne soziale Revolution und ein – knapp verhinderter – Bürgerkrieg. Die klar ethnische Komponente der Gewaltausbrüche in der Nachfolge der Anschläge in Samarra im Februar 2006 ist Teil dieser Konfliktebene.
Die dritte Komponente ist der Aufstieg Irans als Staat und regionaler Hegemon. An strategisch günstiger Position und mit Rohstoffen ausgestattet, ist Iran in der Lage als schiitischer Staat erheblichen Einfluss in der Region auszuüben. Iran unterstützt nicht nur Taliban und Hisbollah, er ruft vor allem auch Reaktionen bei mehrheitlich sunnitischen Nationen wie den Golfstaaten oder Saudi-Arabien hervor, die sich durch einen starken Iran bedroht fühlen.
Das lässt dem Westen zwei prinzipielle strategische Optionen, direkte Intervention oder Containment.
Die USA reagierten auf 9/11 mit einer Vielzahl direkter Interventionen, die Operationen in Afghanistan und im Irak, die Gewährung von Militärhilfen im Gegenzug für politisches Wohlverhalten wie in Pakistan, die Ausbildung von Partnerstreitkräften oder Drohneneinsätze sind Teil dieser Strategie. Auch diplomatisches Engagement wie die immer wiederkehrenden Versuche der „Lösung“ des Nahostkonflikts gehören dazu, denn alle Maßnahmen zielen im Prinzip auf eine Strukturierung der muslimischen Welt im westlichen Sinne. Die Erfolge im Hinblick auf finanzielle Ressourcen, globale Wahrnehmung und die Schlagkraft terroristischer Organisationen scheinen – zumindest kurzfristig - eher dürftig.
Eine alternative Variante wäre eine Art Containment, also der Versuch die Gewalt auf die muslimische Welt zu begrenzen. Aber niemand scheint so recht zu wissen wie ein gangbarer Weg in diese Richtung aussehen sollte und es lässt sich vermutlich zu Recht einwenden, dass dies unter den Bedingungen der weltweiten muslimischen Diaspora sowie der wirtschaftlichen und energiepolitischen Verflechtungen kein denkbares Unterfangen ist.
Nimmt man das Civil War within Islam Paradigma ernst, lassen sich verschiedene strategische Beobachtungen machen.
Der Westen ist in einen domestic conflict eingetreten, mit dem Ergebnis, dass sich alle Akteure gegen ihn gewandt haben. AQ, Iran, schiitische und sunnitische Milizen, Pashtunen in der FATA und Teile der eigenen muslimischen Bevölkerung. Das beruht möglicherweise auch auf dem Unwillen muslimischen Verbündeten zuzuhören und der Unfähigkeit die verschiedenen islamistischen Strömungen zu unterscheiden. Eher führt das Paradigma des „War on Terror“ dazu die innere Kohäsion der eigentlich für ideologische Grabenkämpfe und somit Absetzbewegungen anfälligen islamistischen Bewegung zu stärken. Die Gleichbehandlung durch den Westen schafft zu einem gewissen Teil erst die gemeinsame Identität. Damit hat der Westen ein fundamentales strategisches Prinzip verletzt: nie mehr Feinde als unbedingt notwendig gleichzeitig zu bekämpfen.

Teil 3 dieser kleinen Serie stellt das Paradigma der Global Insurgency vor, gefolgt vom 4. Teil Globalization Backlash

Montag, 24. Mai 2010

Wir nennen es Krieg. Aber was für einen?

Es ist mir eine große Freude, an dieser Stelle einige Gedanken meines Berliner Kollegen C.K. veröffentlichen zu dürfen. C. und Ich teilen eine gewisse Frustration über Stand und Qualität der öffentlichen "Strategiedebatte", die zwar immer wieder eingefordert, selten aber qualifiziert geführt wird. 
Die leidige Krieg-oder-kein-Krieg-Debatte der vergangenen Jahre zeigt mit ihrem starren Festhalten an bekannten aber offenbar überholten Begrifflichkeiten, dass sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den Planungsstäben weiterhin offenbar kaum Klarheit über das Wesen aktueller militärischer Konflikte besteht. Der Blick in die englischsprachige Forschungslandschaft könnte Denkanstöße liefern, erfolgt aber offenbar noch viel zu selten. 
C. hat sich dankbarer Weise bereit erklärt, die Früchte seiner umfangreichen Lektürearbeit mit uns zu teilen und wird ab nun in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle einige Denkanstöße zum Thema präsentieren. So without further ado:

Wir nennen es Krieg. Aber was für einen? 
Teil 1 - Asymmetrie
von C.K. 

Wer „Generation Kill“ noch nicht gesehen hat, sollte es schleunigst nachholen. Fog of War at its best. Eine Szene in Episode 5 zeigt wie Teile des 1st Marine Reconissance Btl. 2003 einen Hof im Irak beobachten. Sie sehen nur Zivilisten. Im nächsten Moment wird der Hof durch einen Luftangriff ausradiert. Die Beobachtenden sind geschockt. Von dem Hof ging wohl Mörserfeuer aus. Zum Zeitpunkt der Bombadierung allerdings war der Mörsertrupp schon abgezogen. Einer der Protagonisten bemerkt sinngemäß: Er war es nicht, der den Feind dazu bewegt habe sich hinter Zivilisten zu verstecken und sie als Deckung zu benutzen.

Guter Punkt, aber falsch.

Im ersten Teil seines wirklich inspirierenden Buchs Accidential Guerilla stellt David Kilcullen die Frage in welcher Art Konflikt „wir“ uns eigentlich befinden und stellt vier Paradigmen vor, die jeweils Teilaspekte dessen erklären, was gemeinhin unter „War on Terror“ firmiert. Die Frage nach der Natur des Konflikts müsste am Anfang jeder Frage nach einer Stratgie stehen, scheint mir in der Debatte aber vernachlässigt. Ich möchte hier Kilcullens Paradigmen vorstellen, so wie ich sie gelesen habe. Sie sind Denkanstösse.
Die Filmszene illustriert das, was Kilcullen das Paradigma des Asymmetric Warfare nennt. Der Grundgedanke ist mittlerweile eigentlich Common Sense. Die „konventionelle“ militärische Überlegenheit der USA ist so überwältigend, dass es für jeden Akteur, der eine Auseinandersetzung anstrebt, völlig irrational wäre nach deren (völkerrechtlich abgesicherten) Regeln zu spielen. Terrorismus, Insurgency, Cyber-Warfare etc. sind die Mittel, die vor diesem Hintergrund Erfolg versprechen, also werden sie angewandt. Erfolgreiche Methoden wie IEDs migrieren von einem Schauplatz zum nächsten und die Methoden werden ausgefeilter. So unterschiedliche Akteure wie Hisbollah, Taliban und AQ bedienen sich ähnlicher Vorgehensweisen, einfach weil sie funktionieren. Jeder Tag im Irak kostet die USA knapp 400 Mio $.  9/11 hat AQ wohl um die 1 Mio $ gekostet und einen Schaden von 27 Mrd. $ verursacht. Die folgenden Militäreinsätze schlagen bis Mitte 2008 mit 700 Mrd $ zu Buche. „The sun has set on the age of unquestioned Western military dominance. Bluntly the East has solved the riddle of the western way of war”. Hier zitiert K. Andrew Baceviec, aber er geht noch einen Schritt weiter. 
Hisbollah etc. mögen zwar die Pioniere dieser Art der Kriegsführung sein, aber der Erfolg wird weltweit registriert. Chinesische Militärs machen sich Gedanken wie man das „System der Systeme“ durch Überladung ausschalten kann. Es scheint also, als sei die immer wieder postulierte „konventionelle“ Überlegenheit keine mehr, denn die Art der Kriegführung hat sich geändert. Man hat ein Messer wo es einen Löffel braucht. Natürlich ist ein Messer ein wirklich überragendes Instrument zum schneiden von Brot. Leider nützt es nichts, wenn es gerade nur Suppe gibt.